Keine Angst! Es wird in diesem Blogeintrag niemand als Hund beschimpft, vor dem man sich hüten müsse. Mein Hund liegt sprichwörtlich im Detail. Genau gesagt in der Intention und in den Formulierungen der Vertragsinhalte zum eBS (elektronisches Bewilligungs- und Antragsservice), dem neuen elektronischen Helferlein, welches der Hauptverband der Sozialversicherungsträger schon seit Jahren bei seinen Vertragsärzten auf Schiene bringen will. Wenn man die jüngsten Pressemeldungen dazu hört, steht ein entsprechender Vertragsabschluss mit der Österreichischen Ärztekammer, bzw. deren Kurie der niedergelassenen Ärzte, unmittelbar bevor.
Wie man dabei den ÖÄK-Vertretern, die von einer Abschaffung des ABS, des elektronischen Arzneimittel-Bewilligungs-Service träumen und sich dabei auf einem guten Weg wähnen, ein generelles elektronisches Bewilligungsservice schmackhaft machen will, ist mir unklar. Auch die Vorabbewilligungen von bildgebenden Verfahren wie CT und MRT, wie sie viele Krankenkassen derzeit schon voraussetzen, sind nicht gerade die Liebkinder von Zuweisern, Patienten und Radiologen. Ganz zu schweigen, von der ernstgemeinten Forderung von Ärztevertretern mit den Bewilligungspflichten auch gleich den gesamten kontrollärztlichen Dienst abzuschaffen.
Unabhängig von diesen Befindlichkeiten haben die Entwickler der e-Services im Hauptverband munter am Ausbau eines elektronischen Bewilligungssystems gebastelt. Längst fertig, soll es nun endlich verpflichtend in den Praxen der Vertragsärzte starten. Wären da nicht die üblichen Ängste der Ärzte vor Kontrolle und Bevormundung in der Ausübung ihres ärztlichen Freiberufs. Gestützt auf grundsätzliche ärzte- und haftungsrechtliche Bedenken wollen sie lieber weniger als mehr Bewilligungsverfahren. Schließlich ist die „chefärztliche Bewilligung“ bzw. die Ablehnung von Untersuchungen und Therapien ohne direkten Patientenkontakt und aufgrund lückenhafter Kenntnisse von Untersuchungsbefunden und Vorgeschichte des Patienten rechtlich nicht so ohne.
Deshalb und das täglich erlebte Bild ungeduldig die Wartezonen der Praxen belagernder Patientinnen und Patienten, die auf eine rasche und positive Antwort auf eine ABS-Anfrage hoffen, vor Augen, fühlen sich viele Vertragsärzte in ihrer Skepsis bestätigt. Zeitraubende Aktenklauberei zur Rechtfertigung verordneter Medikamente nehmen ihnen ebenso die Lust an neuen Bewilligungssystemen wie die gar nicht so seltenen Zornausbrüche enttäuschter Patienten bei Ablehnung einer Bewilligungsanfrage. - Ebenso unerfreuliche Störfaktoren im laufenden Ordinationsbetrieb wie die aufwendigen Versuche den kontrollärztlichen Dienst doch noch von der Notwendigkeit der Bewilligung eines Medikamentes zu überzeugen.
Nicht unschlüssig erscheint im Lichte dieser breiten Abneigung die strategische Überlegung, den Name eBS (elektronisches Bewilligungs- und Antragsservice) zu ändern, um das Service mehr als elektronische Überweisung darzustellen. Denn schließlich ginge es ja primär darum von den Überweisungsscheinen in Papierform, von der „Zettelwirtschaft“ wegzukommen. Bewilligungen seien schließlich ohnedies nicht das alleinige Ziel der neuen Applikation. Zudem findet sich im Vertragsentwurf der für die Ärzte beruhigende Satz: „Die eBS-Applikation ändert nicht die Zuständigkeit der Patienten für die allfällige Einholung der Bewilligung des Chef-(Kontroll-)ärztlichen Dienstes.“ Leider soll aber neben diesem verbalen Tranquilizer für erregte Gemüter auch vertraglich festgehalten werden, dass die eBS-Applikation unabhängig davon, ob eine Leistungsart bei einem oder mehreren Krankenversicherungsträgern durch den Chef- (Kontroll-)ärztlichen Dienst zu bewilligen ist oder nicht, anzuwenden sei.
Getoppt wird die Unklarheit noch durch jüngste Pressemeldungen über den geplanten Ablauf der elektronischen Überweisungen. „Der Arzt schickt die Daten elektronisch an die Krankenkasse. Der Patient erhält dann eine SMS auf sein Handy oder ein E-Mail oder optional auch noch einen Ausdruck mit einem eindeutigen Antragscode. Dieser dient als Schlüssel zur elektronischen Zuweisung bzw. Verordnung und der Patient kann damit sofort einen Termin für die erforderliche Untersuchung vereinbaren. Das Gesundheitsinstitut bzw. Krankenhaus, das die Untersuchung durchführt, kann mit dem Code und der Sozialversicherungsnummer des Patienten auf die elektronische Zuweisung zugreifen und erhält so auch gleich alle wichtigen Informationen, die es braucht.“
Eine Prozessbeschreibung, aus der sich keine Verbesserung des Ablaufs gegenüber der einfachen Zuweisung mittels Überweisungsschein ableiten lässt. Es sei denn, man sieht diese Erweiterung des e-card-Systems doch als reines Bewilligungsservice. Dann ergibt die Vorab - Zwischenschaltung der Krankenkasse plötzlich wieder Sinn. Dann passt auch der kolportierte Ausrollplan: „In einem ersten Schritt werden Leistungen wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), Nuklearmedizinische und Humangenetische Untersuchungen, klinisch-psychologische Diagnostik und Knochendichtemessungen über eBS abgewickelt.“
Im Reigen dieser Zuweisungen verlangen schon derzeit viele Krankenkassen Vorabbewilligungen für bestimmten Leistungen. Im Vollausbau könnte die elektronische Bewilligung dann ganz einfach auch für andere Überweisungsgruppen bindend werden.
Frohe Weihnachten und alles Gute im neuen Jahr!
Einige weitere Informationen zum eBS:
http://www.hauptverband.at/cdscontent/load?contentid=10008.641625&version=1496039866